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Tag 69: Grong – Angelspot am Namsen
23.07.2022
Ab Grong liegen jetzt viele Kilometer auf Straßen vor uns. Wir folgen dem Fluss Namsen nach Norden. Auch über die E6 laufen wir auf insgesamt etwa 50 Kilometern. Es ist die einzige Straße, die in Norwegen durchgängig hoch in den Norden führt und daher entsprechend stark befahren.
Aber erstmal können wir den Weg noch ein bisschen abseits der Straße genießen. Von Grong aus begleitet uns der Nordleden weitere zwölf Kilometer. Er endet an einer kleinen Kirche, die wir verschlossen auffinden. Es gibt auch keinen letzten Stempel für unser Pilgerheft – schade. Naja, dann nutzen wir immerhin die Picknickbänke mit fantastischer Weitsicht für eine Pause.
Auf den Spuren von Lachs und Forellen entlang des Namsen
Weiter gehts danach entlang des Namsen. Der Fluss wird uns jetzt eine ganze Weile begleiten. Er entspringt am Namsvatnet im Børgefjell, wo wir ursprünglich dran vorbeikommen wollten. Und wir erfahren, dass der Namsen ein gutes Gewässer zum Lachs- und Forellenangeln sein soll. Wobei wir uns fragen, welcher Fluss oder See in Norwegen das nicht ist. Immer wieder finden wir Schilder mit Verweis darauf, dass es hier besonders einzigartige Fische gibt. Und natürlich den Hinweis, wo man die Angelerlaubnis erwerben kann.
Der Namsen beheimatet allerdings einen ganz besonderen Fisch: den Namsblank, einen kleinen Lachs, der nicht ins Meer zieht. Das ist einzigartig in der Lachswelt und die Art vom Aussterben bedroht.



Ein gefährliches Viehgatter
Auf unserem Weg passieren wir auch noch ein elektrisches Viehgatter. Anstatt Rohre in den Weg einzulassen, die die Tiere nicht passieren können, liegen hier Metallplatten auf dem Boden, die an den Elektrozaun angeschlossen sind. Und es gibt keine Möglichkeit daran vorbeizugehen. Für uns kein Problem, aber für Lando ohne isolierende Schuhe unangenehm. Manuel nimmt Lando daher auf den Arm und trägt ihn auf die andere Seite. Abends profitieren wir dann von der Fischerei, da wir an einem Angelspot unser Zelt aufschlagen. Hier gibt es eine Picknickbank und sogar ein Plumpsklo. Das Wetter war heute trocken und auch morgen soll es gut werden.

Tag 70: Angelspot am Namsen – Trones
24.07.2022
Gutes Wetter können wir auch brauchen, denn heute stehen unter anderem zehn Kilometer an der E6 an. Von den Autos ständig nass gespritzt zu werden, wäre da eher unschön. Aber erstmal laufen wir auf einem Wirtschaftweg und kommen flott voran. An einem Damm queren wir den Namsen. An dem angeschlossen Bürogebäude stehen draußen Stühle. Da niemand da ist nutzen wir diese als Sitzgelegenheit für unsere Mittagspause.
Dann geht es auf die E6. Vorher noch Kopfhörer reingesteckt und sichergestellt, dass das Noise Cancelling an ist. Schon besser: So ist die Straße zumindest nicht mehr so laut. Am Wegesrand grüßen uns ein paar Baufahrzeuge und wünschen uns einen guten Sommer. Podcasts vertreiben uns auf diesem Stück die Zeit und zwei Stunden später ist es dann auch schon wieder vorbei. Zumindest für heute. Wir entscheiden in Trones zu bleiben, immerhin liegen schon wieder 27 Kilometer hinter uns.



Tag 71 – 72: Trones – Brekkvasselv – Namskogan
25.07. – 26.07.2022
Da ich mich ein bisschen erkältet fühle, entscheiden wir uns dazu die nächsten 30 Kilometer auf zwei Tage aufzuteilen, uns abends Hütten zu mieten und so ein bisschen langsamer zu treten. Wir nutzen die Gelegenheit auch dazu die vor uns liegenden Wegabschnitte zu planen. Wo liegen Hütten, wo können wir einkaufen? Wo machen wir Pausentage und wie liegen wir in der Zeit? Wir kommen zum Schluss, dass wir uns vom Start des Kungsledens in Hemavan ein Paket mit Hundefutter nach Saltoluokta schicken. Da wir für uns auf den Hütten einkaufen können, ist die Versorgung damit erstmal geklärt.
Tag 73: Namskogan – Majavatnet
27.07.2022
Ab Namsskogan liegen jetzt nochmal 35 Kilometer E6 vor uns. Es ist der Abschnitt, vor dem ich seit Tagen Sorgen habe. Wir nehmen uns 28 Kilometer für den ersten Tag vor. Dabei brauchen wir regelmäßig Pausen abseits der Straße. Dort kann man mal durchatmen und muss sich nicht auf den Verkehr konzentrieren.
E6 laufen ist ansonsten unspektakulär: der Verkehr kommt meist pulkartig, da Überholen selten möglich ist. So fährt ein langsames Fahrzeug vor und zieht etwa zehn weitere als Schlange hinter sich her. Wenn der erste bremst und ausweicht, müssen auch alle anderen bremsen. Meist klappt das ziemlich gut. Manchmal fahren die Fahrzeuge aber auch knapp an uns vorbei. Der schönste Wegabschnitt unserer Tour ist es sicher nicht. Aber eben der einzige Weg, den es gibt, wenn man nicht weglos durch die Berge möchte.
E6 und nichts als E6 für die nächsten Kilometer
In den nächsten Jahren wird die E6 übrigens an vielen Stellen ausgebaut. Die alte Straße bleibt dann bestehen und kann von Radfahrern und Fußgängern super genutzt werden. Hier und da gibt es auch jetzt bereits solche Abschnitte und wir nutzen diese nur allzu gerne. Etwa nach der Hälfte des Tages werfen wir einen letzten Blick auf den Namsen, der hier nach Osten abbiegt, bzw. aus östlicher Richtung kommt, denn wir laufen ja entgegen seines Stroms.
Ein Highlight hält der Tag für uns aber noch bereit. An der Grenze zwischen Nord Trøndelag und Nordland gibt es ein großes Tor an der Straße. Ab jetzt befinden wir uns also offiziell in Nord-Norwegen. Hier finden wir auch einen Rastplatz, an dem wir einen Hotdog und Kaffee genießen. Unser Zelt schlagen wir schließlich am Majavatnet auf. Wir hatten über die App Park4Night schon vorher recherchiert, wo wir gut schlafen können. Etwas abseits der Straße haben wir hier einen tollen Blick über den See in die gegenüberliegenden Berge, der Wind vertreibt alle Mücken und die leichten Wellen übertönen die wenigen Autos, die nachts noch unterwegs sind.




Tag 74: Majavatnet – Antonsplass
28.07.2022
Am nächsten Tag geht es für uns weiter an der E6. Noch sieben Kilometer, dann haben wir es hinter uns. Vorher frühstücken wir aber gemütlich am Bahnhof von Majavatn. Hier gibt es frisches Wasser, eine Bank zum sitzen und eine Toilette. Was braucht das Wandererherz mehr? Der Rucksack will heute morgen nicht so recht sitzen und meine Schultern beschweren sich schon. Aber nachdem wir kurz anhalten, lässt sich alles wieder richten.
Endlich taucht auch die Straße auf, in die wir einbiegen. Hier ist kaum mehr Verkehr, sodass auch Lando wieder frei laufen kann. Und später am Tag geht es auf eine noch kleinere Straße. Wir übernachten wieder an einem Angelplatz mit Bänken und Toilette. Bevor es die Straße gab, wurde dieser Platz schon genutzt, um mit dem Boot die Milch der umliegenden Bauernhöfe abzuholen.


Tag 75: Antonsplass – Angelplatz am Stillelva
29.07.2022
Das Wetter hat sich entschieden richtig gut zu werden und wir laufen bei strahlendem Sonnenschein weiter. Ach wie gut uns das tut, nachdem es so viel geregnet hat. Der DNT Narvik schrieb auf Facebook, dass es der zweitnasseste Juli der letzten 100 Jahre war. So etwa fühlte es sich auch an.
Kurze Hose und T-Shirt gefallen uns da direkt besser. Und auch die Aussicht nach 20 Kilometern wieder auf eine Schotterstraße zu kommen. Zwar sind die Straßen jetzt alle klein und kaum befahren, aber auf Asphalt ist jeder Schritt gleich und die Füße werden davon müde.
Trail Magic: Kaffee, Kuchen und Eis
Aber vorher machen wir noch an einem kleinen Supermarkt Rast. Wir kaufen uns Brot und Kartoffelsalat zum Mittag und als die Verkäuferin sieht, dass wir wandern schenkt sie uns noch selbstgemachten Kuchen, Kaffee und Eis! Unser ganz besonderer Trail-Magic Moment. Auch wenn die Frau gar kein Englisch spricht, merkt man, dass Weitwanderer hier ganz besonders willkommen sind.
Wir freuen uns auch daran, dass das Wasser in den Flüssen und Bächen jetzt wieder klar ist. Nach Wochen mit moorgetrübten Wasser würden wir am liebsten einen Schluck aus jedem Bach nehmen. Lando macht das für uns, aber auch wir können zwischendurch nicht widerstehen.

Wie wunderschön es hier in Nordnorwegen ist
Abends finden wir den bisher schönsten Zeltplatz unserer Reise. Natürlich ist es wieder ein Angelplatz, den wir über iNatur gefunden haben. Zwanzig Meter unterhalb des Weges gibt es eine Sandbank, wo zwei Flüsse zusammenfließen. Auf der anderen Seite erhebt sich eine steile Felswand. Wir sind selig, hier könnten wir ewig bleiben. Da es warm ist und keine Mücken unterwegs, wagen wir es in den kalten Fluss zu springen. Aber der ist wirklich eiskalt und so prusten wir ganz schön und setzen uns kurz in die Strömung, dann geht es aber schnell wieder raus.



Tag 76: Angelplatz am Stillelva – Hattfjelldal
30.07.2022
Nochmal 24 Kilometer laufen wir auf dem Schotterweg und an einer kleinen Straße, dann erreichen wir Hattfjelldal. Wir kaufen noch schnell ein, denn es ist Samstag und am Sonntag hat der Supermarkt geschlossen. Danach genießen wir die Dusche im Hotel ausgiebig, denn gerade heute war es schon sehr warm und wegen der vielen Bremsen haben wir auch Mückenschutz aufgetragen. Nachdem wir wieder sauber sind, starten wir mit einem Burger in unseren verdienten Pausentag. Auch hier heißt man uns sehr willkommen und sogar die Waschmaschine dürfen wir umsonst nutzen!
Tag 77: Hattfjelldal
31.07.2022
Unseren Pausentag verbringen wir größtenteils im Aufenthaltsraum des Hotels. Hier können wir gemütlich auf den Sofas rumlümmeln. Als wir nachmittags dann eine Runde mit Lando gehen, staunen wir nicht schlecht, als plötzlich Markus wild winkend vor dem Burgerladen steht. Er und Sophie sind heute nach Hattfjelldal gelaufen, um Burger und Pizza zu essen. Das Verlangen war so groß, dass sie dafür sogar einen ganzen Tag Umweg auf sich genommen haben.
Tag 78: Hattfjelldal – Zeltplatz Krutvatnet
01.08.2022
Bis nach Hemavan sind es dann nur noch 75 Kilometer. Wir wollen diese auf drei Tage verteilen. Am ersten Tag soll es richtig regnen. Unsere Motivation hält sich daher in Grenzen. Markus und Sophie ergeht es ebenso und so laufen wir gemeinsam erst gegen elf Uhr los. Die Temperaturen sind einstellig und wir sind froh, dass wir heute Unterhaltung dabei haben. Nach so einer langen Zeit mal wieder gemeinsam zu laufen macht richtig Spaß.

Tag 79 – 80: Zeltplatz Krutvatnet – Zeltplatz Kullen – Hemavan
02.08. – 03.08.2022
Der restliche Weg nach Hemavan ist unspektakulär. Die Straße führt über einen Pass und dann stehen wir plötzlich an der schwedischen Grenze. Die Straßenschilder wechseln die Hintergrundfarbe und die Häuser sehen plötzlich gepflegter aus. Für uns ist der Grenzübertritt aber mental etwas besonderes. Wir freuen uns auf den Abschnitt auf dem Kungsleden, der uns auf auf fast 500 Kilometern durch Schweden führen wird.
Ein paar Kilometer laufen wir auch auf dem Lapplandsleden, der 2021 neu eröffnet wurde. Nach vielen Kilometern ist es das erste Stück Weg auf kleinen Pfaden durch die Natur. Vielleicht sollten wir den als nächstes laufen?


Kurz vor Hemavan gibt es dann doch noch etwas besonderes: die kleine Schotterstraße wird durch eine Ampel reguliert. Wenn am Flughafen ein Flugzeug landet oder startet, springt die Ampel hier wohl auf rot. In den Genuss kommen wir allerdings nicht, denn hier kommt jeden Tag nur ein Flugzeug an.


