In der Nacht regnet es. Es ist das erste Mal, dass unser Zelt nass wird, denn im letzten Jahr schien immer die Sonne. Ich sprinte noch einmal hinaus, um ein paar Sachen einzusammeln, die nicht nass werden sollen. Dann dösen wir bei leisem Prasseln des Regens und mit dem Gedanken an den Weg zur Rävfallsstugan am nächsten Tag ein.
Am Morgen scheint wieder die Sonne und unsere Freunde die Mücken sind auch schon wach. Wir frühstücken im Stehen, denn in Bodennähe gesellen sich zu den Stechmücken noch jede Menge Kriebelmücken. Lando füttern wir in der Mitte der Brücke, weil wir dort etwas Ruhe vor den Insekten haben.
Brückenbaustellen mitten in der Wildnis – Weginstandsetzung unter schwierigen Bedingungen
Dann geht es los, noch ein Stück weiter über die Hochebene, auf der wir schon gestern unterwegs waren. Wir kommen weiterhin gut voran und erreichen bald die beiden Brücken, die dicht hintereinander liegen und die Waldgrenze ankündigen. Neben der ersten Brücke wird gerade eine neue gebaut. Der Frontlader steht bereit, aber es wird nicht gearbeitet. Ich habe jegliches Zeitgefühl verloren, erst am Abend merke ich, dass es Samstag ist. Natürlich arbeitet da auch in Schweden niemand auf so einer unwichtigen Baustelle.
Als wir uns Brücke Nummer zwei nähern, sehen wir schon von weitem ein zerbrochenes Brückenportal und auch die Brücke liegt in Teilen am Wegesrand. Wir nutzen die Brückenreste für eine kurze Snackpause und fragen uns, wie die Baumaschinen hier wohl hinaufkommen? Dann waten wir durch den Fluss, der hier leicht passierbar ist. Die Brücke scheint eher für Quads notwendig zu sein, die hier den gleichen Weg benutzen wie wir.
Kurz vor der Waldgrenze kommt uns eine junge Asiatin entgegen, die kaum Englisch spricht. Ihr Rucksack ist riesig und sie kann ihn kaum alleine auf den Rücken bekommen. Sie macht auf uns keinen guten Eindruck, scheint psychisch und physisch ziemlich am Ende zu sein. Woher das kommt, werden wir in den nächsten Stunden auf dem Abschnitt zur Rävfallsstugan erleben.
Hinab zum Vindelälven durch einen Fjäll-Urwald
Der Weg führt uns nun zunächst steil bergab durch einen ziemlich wuchernden Urwald zum Vindelälven. An Anhalten ist wegen der Mücken nicht zu denken, alles ist matschig und überall liegen tote Birken auf dem Weg. Gut, dass wir hier nur bergab und nicht bergauf müssen. Unten trifft der Kungsleden auf einen zweispurigen Quadweg, der geradewegs zur Rävfallsstugan führt. Es sind nur noch zwei Kilometer bis zur Hütte, als es uns beiden plötzlich den Stecker zieht. Wahrscheinlich haben wir zu wenig gegessen, und jetzt geht gar nichts mehr. Langsam und mit wackeligen Beinen stapfen wir zur Hütte, wo wir fast drei Stunden Pause machen.
Schutzhütte Rävfallsstugan
Die Schutzhütte hat einen großen offenen Raum mit Küche, zwei Sitzgruppen und einem Etagenbett. Zwei weitere Räume mit zusätzlichen 12 Betten sind abgeschlossen. Den Schlüssel kann man im Ammarnäs Livs entleihen und dort auch die Übernachtungsgebühr bezahlen. Für Kungsleden Wanderer etwas unpraktisch, da man dorthin nicht wieder zurückkommt. Etwa 100 Meter von der Hütte entfernt befindet sich eine Sauna direkt am Fluss.
Weitere Informationen: www.naturkartan.se
Lautes Rauschen des Rävfall-Wasserfalls
Bevor es weitergeht schauen wir uns noch in Ruhe ohne Rucksack den Rävfall, einen neun Meter hohen Wasserfall des Vindelälven an. Der Vindelälv ist hier schon ein großer Fluss und der Wasserfall entsprechend imposant.
Mit den Rucksäcken geht es für uns hinter der Rävfallsstugan wieder bergauf. Mit jedem Schritt nähern wir uns der Baumgrenze. Auf dieser Seite des Tales ist das Vorankommen jedoch deutlich leichter und schon nach einer guten Stunde wird die Vegetation kleiner und lichter. An einem Fluss füllen wir unsere Trinksysteme noch einmal komplett auf, denn bis Ammarnäs werden wir vermutlich kein Wasser mehr bekommen. Dann nehmen wir den Rest des Aufstiegs in Angriff und finden kurz vor dem Gipfel einen tollen Platz mit einmaliger Aussicht!
Wetterumschwung und ein kaputtes Zelt
Nach dem Essen sitzen wir gemütlich im Zelt und ich mache mir auf dem Smartphone Notizen über den Tag, damit ich später einen ordentlichen Text zusammenstellen kann. Plötzlich drückt eine Windböe von der Seite gegen unser Zelt und greift auch unter den Boden. Ich stütze die Zeltwand von innen ab und Manuel springt direkt raus. Da das Wetter so schön war, haben wir das Zelt nicht richtig abgespannt, ein großer Fehler, wie sich jetzt herausstellt. Die Windböe lässt auch nicht mehr nach und von einer Sekunde auf die andere tobt ein Sturm. So einen schnellen Wetterumschwung habe ich noch nie erlebt!
Manuels Versuch, das Zelt jetzt nachträglich noch abzuspannen, scheitert und ich eile aus dem Zelt, um ihm zu helfen. Während ich hinter dem Zelt stehe und versuche es zu stützen, schreie ich, dass wir das Zelt drehen müssen, damit es besser im Wind steht. Manuel nickt, auch er sieht, dass dies unsere einzige Chance ist. Doch noch bevor der erste Hering aus dem Boden gezogen ist, bricht eine der drei Stangen und nur einen Moment später eine weitere.
Abbauen – an etwas anderes ist nicht mehr zu denken
Abbauen, etwas anderes ist jetzt nicht mehr möglich. Mit wenigen Worten verständigen wir uns, drücken das Zelt zu Boden und setzen uns darauf. So schnell wir nur können und sorgfältig, damit nichts wegfliegt, holen wir die größten Ausrüstungsgegenstände aus dem Zelt und stopfen diese in den Rucksack. An ordentliches Zusammenpacken ist nicht zu denken.
Währenddessen gehen wir kurz unsere Möglichkeiten durch. Ich sehe mich schon vor meinem inneren Auge die verbleibenden 15 Kilometer durch die Nacht über den Gebirgskamm nach Ammarnäs laufen, während Manuel offenbar den kühleren Kopf bewahrt und den einzig richtigen Vorschlag macht: fünf Kilometer bergab zurück zur Rävfallsstugan.
Inzwischen regnet es und der Sturm ist so stark, dass wir Lando zwischenzeitlich festhalten müssen. Wir selbst taumeln eher den Berg hinunter und haben Mühe, uns mit den Rucksäcken gegen den Sturm zu stemmen. Zum Glück wird es schnell besser, als wir wieder die Baumgrenze erreichen. Etwa eine Stunde später kommen wir an der Hütte an. Dort ist es immer noch etwas windig, aber von einem Sturm ist wenig zu spüren.
Happy End und großartige Gastfreundschaft an der Rävfallsstugan
Zwei schwedische Paare, die ein Angelwochenende in der Hütte verbringen, essen gerade ihr Abendessen, als wir ankommen. Als sie von unseren Erlebnissen hören, teilen sie Bier, Limo, Salami und Chips mit uns und räumen einen der Schlafräume, damit wir uns ausruhen können. An diesem Abend steckt uns der Schrecken noch tief in den Knochen. Gleichzeitig sind wir dankbar dafür, dass alles so glimpflich ausgegangen ist.
Brücke am Lisvuojuhka
Beschreibung
An der Brücke am Lisvuojuhka gibt es viele Möglichkeiten zu zelten. Durch den Fluss ist die Wasserversorgung gesichert. Allerdings saßen im Gras eine Menge Kriebelmücken.
Tag 5: Brücke am Lisvuojuhka - Rävfallsstugan
Profil
Beschreibung
Der Tag fängt mit toller Landschaft an, führt uns dann durch einen Waldabschnitt zur Rävfallsstugan, wo man Pause machen oder übernachten kann. Den Berg hinauf gibt es weitere Zeltmöglichkeiten.
Rävfallsstugan
Beschreibung
Die Schutzhütte hat einen großen offenen Raum mit Küche, zwei Sitzgruppen und einem Etagenbett. Zwei weitere Räume mit zusätzlichen 12 Betten sind abgeschlossen. Etwa 100 Meter von der Hütte entfernt befindet sich eine Sauna direkt am Fluss.
Zeltplatz mit Wind
Beschreibung
Tolle Aussicht, aber Vorsicht: hier hat uns der Wind das Zelt zerlegt. Keine Schlafplatzempfehlung.
2 Kommentare
Schon wieder unterwegs? Viele Spaß!
Leider gerade nicht. Diese Posts sind noch von einer alten Reise von 2020, die wir noch nicht vollständig veröffentlicht hatten!