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Endlich sind die verordneten zehn Tage Ruhe vorbei. Als wir im Bus nach Tyinkrysset sitzen, wird die Vorfreude immer größer. Um uns herum wird es langsam wieder einsamer. Neben der Freude, dass es nun weitergeht, mischen sich aber auch Skepsis und Bedenken. Was, wenn das Knie nicht mitmacht? Völlig schmerzfrei ist es nicht.
Manuel und ich sprechen kurz über das Thema und sind uns einig, dass kürzere Etappen im ersten Schritt wohl eine Idee wären und falls das auch nicht ginge müssten wir wohl nochmal umplanen. Darauf habe ich wenig Lust. So hatte ich mir die Fernwanderung nicht vorgestellt. Aber warten wir erstmal ab.
In Tyinkrysset treffen wir auch Boris, der am Vortag aus Deutschland angereist ist und uns eine Woche begleiten wird. Wir freuen uns beide auf die Gesellschaft! Boris bringt uns auch ein neues Paar Schuhe mit, was wir aufgrund unserer Zwangspause eigentlich jetzt noch gar nicht brauchen. Naja, zum Glück sind die leichten Barfußschuhe nicht so schwer wie Wanderstiefel und so haben wir im Zweifel ein trockenes Paar dabei. Das ist ziemlicher Wandererluxus!

Unsere Tour beginnt auf einer Straße, die uns über fünf Kilometer hinauf zum See Tyin führt. Ein paar wenige Autos fahren. Am Abzweig zum Tyin ist aber ein Schlagbaum, der noch geschlossen ist. Unser Gastgeber letzte Nacht hatte schon gesagt, dass die Straße noch nicht wieder eröffnet ist. Und wenn wir uns so umgucken, bekommt man ein Verständnis dafür, warum das so ist. Der Tyin liegt von dicken Eisschollen bedeckt vor uns. Es weht ein kalter Wind und auch die Hänge am Westufer sehen noch schneebedeckt aus. Gut, dass wir das Ostufer nehmen. Die Schotterstraße ist schon schneefrei und so kommen wir gut vorwärts. Nur das Wetter ist feucht kalt. Da Boris Bus erst gegen Mittag ankam, sind wir erst um 14 Uhr gestartet. Nach 22 Kilometern suchen wir uns kurz vor Fondsbu einen Zeltplatz direkt an der Straße. Direkt in Sichtweite stehen einige Hütten, aber um diese Jahreszeit ist hier noch niemand. Dafür ist die Sicht super, wir können zurück zum Tyin und nach vorne auf den Bygdin schauen.
Beim Abendessen habe ich vielleicht etwas zu lange draußen gesessen und bin komplett ausgekühlt. Keine gute Idee, um jetzt schlafen zu gehen. Ich versuche es noch kurz mit ein paar Armkreisen wieder warm zu werden, dann entscheide ich mich doch für das warme Bett. Dort liege ich noch zwei Stunden wach, bis mein Körper endlich wieder warm wird.
Am nächsten Morgen lacht die Sonne! Wieviel schöner die Berge direkt wirken. Wir brechen auf, kommen aber nicht weit. In Fondsbu treffen wir auf das Gesicht von Aasmund Olavsson Vinje, einem Pionier des norwegischen Bergtourismus. Er hat hier eine Berghütte errichtet. Die Vinjebu gucken wir uns dann gleich mit an, leider aber nur von außen, da wir sie verschlossen vorfinden. Jetzt haben wir schon eine Weile herum getrödelt und langsam wird es Zeit für den Aufbruch.

Wir stapfen die ersten Kilometer am See entlang, der uns ein fantastisches Panorama bietet. Aber ganz plötzlich sind auch überall Heerscharen von Mücken. Sie stechen nicht, sind aber wirklich nervig. Wir denken daran, dass Mücken uns demnächst wahrscheinlich regelmäßig begleiten werden. Gut, dass wir bisher so wenige Begegnungen hatten.



Nach einer Weile knickt der Weg ab und schlängelt sich den Berg hinauf. Wir sehen einen rauschenden Fluss den Hang hinunterfließen. Den müssen wir queren. Unten kurz vor dem See steht eine Brücke. Weiter oben soll es auch eine geben. Bei ut.no war diese als Sommerbrücke gekennzeichnet. Bei meiner Recherche bin ich auch auf eine Liste der Brücken beim DNT gestoßen. Danach wurde bisher keine einzige Sommerbrücke wiederausgelegt. Die vor uns liegende Øvre Høystakka Brücke ist dort aber als ganzjährige Brücke gekennzeichnet. Leider sind die digitalen Informationen immer wieder schlecht gepflegt und teils sogar widersprüchlich. Wobei solche Informationen natürlich enorm wichtig sind!
Die Brücke ist am Ende da und leicht passierbar. Sogar Lando kann sie ohne Probleme passieren. Und dazu sieht sie tatsächlich auch eher nach einer ganzjährigen Brücke aus. Eins zu null für den DNT. Weiter geht’s durch den Sattel auf eine Hochebene. Wir haben schon vermutet, dass uns hier Schnee erwarten würde, aber dass es soviel ist überrascht uns doch. Vor uns liegt eine fast komplett geschlossene Schneedecke. Die Wegmarkierungen sind allerdings sichtbar und so machen wir uns auf den Weg. Immer wieder sinken wir bis zu den Knien ein. Zwischendurch trägt der Schnee dann wieder. Wir wechseln uns ab beim Spuren, denn das ist wirklich anstrengend. Hinterhergehen dagegen ist bedeutend leichter.




Der Schnee zieht sich ewig obwohl es nur etwa fünf Kilometer sind. Als er endlich weniger wird, sind wir erleichtert. Wenig später geht es wieder hinab ins Tal und wir haben den ersten Blick auf den See Gjende. Vom letzten Jahr kennen wir ihn schon, aber aus der Perspektive vom anderen Ufer: damals sind wir über die Knutshøe gelaufen. Auf dem Weg nach Gjendebu treffen wir die ersten Leute, was in uns die Hoffnung weckt, dass wir die Hütte offen vorfinden. Und tatsächlich: ein Trupp aus DNT Freiwilligen ist vor Ort. Zwei Frauen erzählen uns stolz, dass sie heute eine Sommerbrücke aufgebaut haben und einige andere auf dem vor uns liegenden Steilabschnitt den Bukkelægret hinauf Schnee geschaufelt haben. Draußen wird gerade von drei älteren Männern die Hütte gestrichen. Wir melden uns an der Rezeption an und bekommen ein Zimmer. Heute gibt es sogar Strom und eine Dusche. Nur das Abendessen haben wir verpasst. Da wir auf all das hier gar nicht vorbereitet waren, freuen wir uns und lassen den Abend mit einem gemütlichen Kaminfeuer ausklingen.


Wow, was haben wir Glück mit dem Wetter. Morgens weckt uns die Sonne auf. Dunkel wird es aktuell ja sowieso nicht mehr und so steht die Sonne heute schon ziemlich hoch. Wir genießen das Frühstück in der Hütte, die um diese Zeit noch recht verschlafen wirkt und brechen auf. Nach zwei Kilometern am See entlang wartet heute ein steiler Anstieg auf uns. An der Rezeption fragen wir nochmal nach den Schneebedingungen, dann gehts los.
Der Anstieg hat es in sich: auf einem Kilometer Weg geht es etwa 500 Meter hinauf. Wir finden mehrere seilversicherte Strecken. Immer wieder müssen wir Lando helfen, die großen Stufen hinaufzukommen. Das kostet viel Zeit und ist kräftezehrend. Am Ende brauchen wir fast drei Stunden, dann stehen wir aber oben. Jetzt erstmal Pause machen. Wir genießen dabei das Lunchpaket, was wir uns an der Hütte gemacht haben.


Danach geht es sanft über die Berge bei bester Aussicht. Wir staunen über die vielen Gletscher, die wir sehen können und auch über die imposanten Berge und natürlich immer wieder über den Blick hinab zum Gjende. Auch den Besseggen Grat, den wir am nächsten Tag laufen wollen sehen wir schon. Zwischendurch überholt uns eine Trailrunnerin. Sie ist die einzige Person, die wir heute treffen. Beim Abstieg queren wir einige steile Schneefelder, von denen wir einige kurzerhand auf dem Hintern hinunterrutschen. Das ist knieschonend, aber der Schnee schaufelt sich in meine kurze Hose und so gehts mit extra kalten Oberschenkelrückseiten weiter.
Schon von weitem sehen wir auch die Hütte in Memurubu. Malerisch im Tal gelegen sieht sie von oben total idyllisch aus. Und bewegt sich da nicht was? Auch diese Hütte hat offiziell noch geschlossen, aber nachdem wir ein Quad fahren sehen, sind wir fest entschlossen heute Abend wieder ein Bett zu finden. Und tatsächlich, wir kommen sogar gerade richtig zum Abendessen. Was ein Glück. Während Manuel und ich uns schon den zweite Teller Fleischklößchen mit Kartoffeln und Gemüse reinschaufeln, guckt Boris etwas ungläubig. Mir ist gar nicht aufgefallen, dass wir besonders schnell oder viel essen. Aber sein Teller ist noch halb voll.

Ausgerechnet für unsere Tour auf den Besseggen ist am nächsten Tag Regen angesagt. Mit Rucksack und Hund bei schlechtem Wetter auf den Grat erscheint uns zu gefährlich, daher planen wir um. Die Rucksäcke bleiben heute stehen und Lando bekommt einen Pausentag an der Hütte. Wir nehmen um zehn Uhr das Boot nach Gjendesheim und laufen von dort zurück nach Memurubu. Unseren ursprünglich geplanten weiteren Weg müssen wir dadurch zwar etwas anpassen, aber wir liegen noch im Zeitplan. Boris muss ein paar Tage später nämlich wieder an einer Bushaltestelle sein, um den Rückweg anzutreten. Aber erstmal geht es über den Besseggen. Ehrlich gesagt kann ich nicht ganz verstehen, warum die Norweger so verrückt danach sind, gerade über diesen Grat zu wandern. Der Weg am Vortag war definitiv abwechslungsreicher und hatte genauso tolle Blicke. Auch der Weg über die Knutshøe letztes Jahr hat uns besser gefallen, wir sind aber der Meinung, dass er technisch anspruchsvoller ist als der Besseggen Grat. Heute geht es vor allem durch Schotter und karges Gelände. Ein kurzes steiles Stück erwartet uns, aber alles in allem nichts besonders ausgesetztes. Unterhalb des schwierigsten Teils des Abstiegs (falls man andersherum läuft vor dem Aufstieg) sitzt ein Mann mit einer Jacke mit der Aufschrift „Besseggen-Patroul“. Wir sprechen ihn an und erfahren, dass er den ganzen Tag die Wanderer beobachtet und diejenigen, die in Panik geraten durch das steile Stück führt. Er erklärt uns auch, dass es vor allem Norweger sind, die sich überschätzen und schiebt mit einem Grinsen hinterher „there is no Human Right to hike Besseggen“.








Das Wetter zieht sich langsam zu und wenig später fängt es an zu regnen. Zeit, dass wir uns auf den Heimweg machen. In Memurubu angekommen eröffnet der Koch beim Abendessen offiziell die Saison. Wir sitzen mit einem finnischen Pärchen am Tisch und unterhalten uns ausgezeichnet. Die beiden haben wir bei unserer Wanderung heute bereits mehrfach gesehen. Nebenbei erfahren wir, dass am nächsten Tag das Besseggen Race startet. Es gibt tatsächlich verrückte Menschen, die über den Grat joggen, Bestzeit ist 1:15h. Wir waren insgesamt etwas mehr als sieben Stunden unterwegs.
Den Start des Rennens der Amateure um neun Uhr am nächsten Morgen wollen wir uns nicht entgehen lassen. Wir staunen weiterhin darüber, auf welche Ideen man kommen kann. Dann geht es auch für uns wieder hoch in Richtung Besseggen. Doch schon nach etwas mehr als einem Kilometer knickt unser Weg nach Glitterheim ab. Gerade richtig, denn das Boot aus Gjendesheim hat eine Menge Wanderer ausgespuckt, die hinter uns den Berg hinaufkraxeln.



Vor uns eröffnet sich mal wieder ein atemberaubender Blick. Das Russvatnet liegt vor uns. Jotunheimen ist einfach magisch. Überall wo man hinschauen kann, ist es einfach nur schön! Nur ein eisiger Wind begleitet uns heute. Aber immerhin kommt dieser von hinten. Der See liegt heute eine ganze Weile zu unserer Rechten und das türkisblaue Wasser zieht unsere Blicke an. Hier und da weidet eine Herde Rentiere. In diesem Teil von Jotunheimen sind es aber die domestizierten und keine wild lebenden Rentiere.





Vor Glitterheim wird es nochmal ungemütlich. Wir steigen durch einen Sattel, der von einem riesigen Schneefeld bedeckt ist. Auf den ersten hundert Metern ist der Schnee schon so geschmolzen, dass wir mehr oder weniger durch Eiswasser laufen. Mit nassen Füßen geht es dann weiter hinauf. Fußspuren weisen uns den Weg, doch um uns herum zieht es sich plötzlich zu. Innerhalb weniger Minuten ändert sich das Wetter von Sonnenschein zu einem kleinen Schneesturm. Wir ziehen schnell was über und beeilen uns auf dem Abstieg hinunter zur Hütte.

Der Weg aus Jotunheimen hinaus ist dann wieder leichter. Von Glitterheim aus folgen wir der Schotterstraße. Die ersten acht Kilometer hätten wir auch mit dem Fahrrad fahren können, man kann sogar Anhänger für Gepäck oder Vierbeiner ausleihen. Aber wir wollen ja laufen! Abseits der Straße finden wir einen wunderschönen Zeltplatz und lassen den letzten gemeinsamen Abend mit Boris am Lagerfeuer ausklingen. Das Feuer ist nicht nur gemütlich sondern vertreibt auch die Mücken, die an diesem Abend auch stechen.
Am nächsten Tag verabschieden wir uns in Randsverk von Boris: schön war’s! Für uns geht es noch zwei Tage weiter bis Otta, wo ein Tag Pause ansteht.



