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Tag 127: Storslett
19.09.2022
Wir haben einen Ruhetag im Hotel eingeplant. Beim Frühstück überlegen wir, wie es in Richtung Nordkap weitergehen soll. Unser Plan war, etwa 80 Kilometer weglos durch das Nabar zu laufen und dann von Alta aus die letzten 300 Kilometer der Straße zu folgen. In den nächsten Tagen soll es wieder wärmer werden, aber unsere Lust an diesem Plan festzuhalten hält sich in Grenzen. Alternativ könnten wir entlang der Straße nach Alta laufen. Das wäre aber deutlich länger und auf der Straße laufen ist langweilig. Nach Osten zu laufen und dann ab Kautokeino den schlammigen Resten des E1 zu folgen, kommt auch nicht in Frage. Wir wollen eine gute Zeit haben und es widerstrebt uns sehr, tagelang durch den Matsch zu laufen.
Sackgasse Nordkap und kein Ausweg in Sicht
Die zweite Frage, die sich uns stellt, ist, wie wir eigentlich vom Nordkap zurückkommen. Wir haben die Planung lange verdrängt, aber wir wissen auch schon länger, dass das vermutlich problematisch wird, da die Norweger auf vielen Buslinien keine Hunde transportieren. Wir würden zwar vom Nordkap nach Alta kommen, aber dort stranden. Einige Stunden Recherche später sind wir immer noch nicht weiter. Alta ist eine Sackgasse, von dort kommt man mit Hund und ÖPNV einfach nicht weg. Weder in Norwegen noch in Richtung Finnland oder Schweden.
Ein kurzer Gedanke an das letzte Jahr flammt in uns auf: Mit dem Wohnmobil könnte man diese letzte Strecke wirklich super zurücklegen. Aber das Wohnmobil steht jetzt in Deutschland, weit weg. Wir recherchieren kurz und finden einige Wohnmobilvermieter. In Tromsø finden wir ein Angebot, das die Reisekasse nicht direkt sprengt und bei dem wir sogar gleich übermorgen einen kleinen VW-Bus mieten könnten. Ja, warum eigentlich nicht?
Tag 128: Storslett – Tromsø
20.09.2022
Fehlt nur noch der Reiseplan nach Tromsø. Nach einiger Zeit steht auch der. Wir fahren morgens mit dem Bus nach Skjervøy und von dort abends mit dem Schiff nach Tromsø. Auf dem Schiff ist der Hund erlaubt und im Bus auch. Vorsichtshalber lasse ich aber den Tab mit den Beförderungsbedingungen auf meinem Handy offen. Am nächsten Morgen weiß ich auch warum: Der Busfahrer will uns nicht mitnehmen. Ein Blick in die Beförderungsbedingungen lässt ihn seinen Chef anrufen. Danach murmelt er noch etwas und wir dürfen einsteigen. Puh, wäre auch das geschafft…
Geburtstag auf Skjervøy
Der Tag auf Skjervøy ist traumhaft schön. Ich habe Geburtstag und wir besteigen den Hausberg der Insel. Die Rundumsicht ist super und erinnert ein wenig an die Lofoten. Irgendwie hat sich unsere Planänderung jetzt schon gelohnt. Dass wir stattdessen an der Straße oder im Matsch wandern würden, können wir uns jetzt gerade gar nicht vorstellen. Am Abend fahren wir mit dem Boot in die Dämmerung hinein. Lando findet es gar nicht lustig, dass er während der Fahrt in einer Hundebox bleiben muss. Er bellt empört, wird aber vom Lärm des Motors übertönt. Schließlich sieht er ein, dass dies keinen Sinn macht und legt sich unzufrieden hin. In Tromsø laufen wir noch ein paar Meter zu unserem AirBnB und fallen dann müde ins Bett.
Tag 129: Tromsø – Langfjorden
21.09.2022
Der VW-Bus, den wir am nächsten Tag abholen, hat seine besten Tage schon hinter sich. Der Motor stottert ab und zu etwas komisch, aber er fährt. Und wir genießen die Landschaft, die an uns vorbeizieht. An der Küste sieht Norwegen ganz anders aus als im Fjell und wir freuen uns wie kleine Kinder, wieder etwas Neues zu entdecken.
Unser erstes Ziel ist Alta, allerdings wollen wir zwischendurch einmal übernachten, denn wir haben es nicht eilig. Wir finden ein ruhiges Plätzchen direkt neben der E6 auf einem kleinen Parkplatz am Langfjorden. Abends ist die Straße ruhig, aber wir wachen mitten in der Nacht auf, weil unser kleiner Camper von innen völlig nass ist. Im hinteren Teil gibt es keine Möglichkeit, ein Fenster zu öffnen, und durch unseren Atem haben wir für viel Feuchtigkeit gesorgt. Wir lassen die Schiebetür für den Rest der Nacht einen Spalt offen und sind froh, dass es um diese Jahreszeit keine Mücken mehr gibt.
Tag 130: Langfjorden – Alta
22.09.2022
Am nächsten Morgen trödeln wir ein wenig und als wir endlich aufbrechen, ist es schon fast Mittag. Heute wollen wir uns die Felszeichnungen im Museum von Alta anschauen. Ein Audioguide nimmt uns mit in die Vergangenheit und ganz allein streifen wir durch das Außengelände des Museums. Die Felszeichnungen sind nicht immer leicht zu finden, aber die Motive sind teilweise wirklich beeindruckend. Einige Felszeichnungen sind mit roter Farbe nachgezeichnet. Diese eignen sich besonders gut zum Fotografieren. Auf unserem Rundgang durch das Museum werden wir nur von einem Fuchs begleitet, der uns aus einiger Entfernung beobachtet und wohl hier auf dem Museumsgelände zu Hause ist.
Auf den Spuren der Ahnen und der Geologie
Und vor allem die Landhebung beeindruckt uns. Auf schwedischer Seite haben wir schon davon gelesen, aber nach dem Museumsbesuch beschäftigen wir uns noch einmal intensiver mit diesem Phänomen. Die Kurzfassung: Während der letzten Eiszeit hat das Gewicht des Eises den Boden stark komprimiert. Bis heute entspannt sich der Boden wieder, so dass sich Skandinavien langsam aus dem Meer hebt. An manchen Stellen ist diese Landhebung stärker als an anderen. Hier im Museum beträgt sie über die letzten 8000 Jahre etwa 25 Meter.
Nach dem Museumsbesuch machen wir einen kurzen Abstecher in die Innenstadt von Alta, die aber nicht wirklich sehenswert ist. Wir kaufen nur kurz ein und beobachten, wie die Polizei einen Betrunkenen festnimmt. Dann fahren wir weiter zum Campingplatz. Dort wollten wir nach unserer Nabar-Durchquerung auch übernachten und ich hatte schon ein samisches Restaurant in der Nähe ausfindig gemacht, in dem wir essen wollten. Das wollen wir uns natürlich trotz der Planänderung nicht entgehen lassen.
Achtung Touristenfalle
Das Restaurant ist ein modernes Gebäude, aber innen total gemütlich. Wir sind die einzigen Gäste und sitzen direkt am Kamin. Irgendwie wirkt es komisch, dass wir hier alleine sind. Draußen vor dem Restaurant kann man gegen eine Gebühr in das Rentiergehege. Und im Eingangsbereich gibt es einen kleinen Laden. Wir haben das Gefühl, dass das Ganze vielleicht ein Touristennap ist. Das Essen ist dann tatsächlich auch nur mittelmäßig gut. Vermutlich landen hier sonst größere Gruppen, die mit den Kreuzfahrtschiffen in Alta anlegen.
Tag 131: Alta – Honningsvåg
23.09.2022
Heute wollen wir bis kurz vor das Nordkap fahren. Unser Plan ist, in Honningsvåg zu übernachten und am nächsten Morgen zum Nordkap zu fahren. Dafür müssen wir heute aber erst einmal eine recht lange Strecke zurücklegen.
Als wir schon einige Kilometer von Alta entfernt sind, sehen wir zwei Wanderer an der Straße. Als wir näher kommen, erkennen wir Auguste und Helene. Was für ein Zufall. An der nächsten Bucht fahren wir links ran und laden die beiden auf einen Kaffee zu uns ein. Wir tauschen uns darüber aus, wie es uns zwischenzeitlich ergangen ist und erfahren, dass auch die beiden bei der geplanten Überquerung des Nabar kein Glück hatten. Beim Aufstieg haben sie sich in der steilen und nassen Wand so verstiegen, dass sie mit dem Hubschrauber gerettet werden mussten. Gut, dass die beiden ein Garmin InReach Mini dabei hatten, um Hilfe zu rufen. Auguste hat bei der Aktion einen Wanderstock verloren und wir geben ihr spontan meine Wanderstöcke mit. Wie schön, dass wir uns hier oben noch einmal getroffen haben!
Großes Rentier-Treiben in der Finnmark!
In den Weiten der Finnmark werden derzeit die Rentiere zusammengetrieben. Überall wird darauf hingewiesen und wir entdecken riesige Rentierherden neben der Straße. Ansonsten ist die Finnmark eher karg und die Landschaft sieht kilometerweit fast gleich aus: sanfte Hügel, viel Moor und spärliche Vegetation. Erst als wir nach Norden in Richtung Magerøya abbiegen, ändert sich die Landschaft. Die Birken werden allmählich weniger und schließlich erreichen wir die nördliche Baumgrenze. Es ist schon beeindruckend, dass wir jetzt so weit nördlich sind, dass hier keine Bäume mehr wachsen können.
Neben uns rauscht das Meer und wir fahren durch mehrere Tunnel, bis wir schließlich den Nordkaptunnel erreichen. Jetzt geht es noch einmal tief hinunter, um unter dem Meer hindurch auf die Insel zu gelangen. Wir sind froh, dass wir den steilen Abstieg und vor allem den Aufstieg nicht zu Fuß machen müssen. Mit dem Auto ist es doch bequemer. Etwas außerhalb von Honingsvåg finden wir auch einen netten kleinen Stellplatz, der windgeschützt liegt. Die Rentiere beäugen uns neugierig, als wir unseren Camper für die Nacht umbauen.
Tag 132: Honningsvåg – Nordkap
24.09.2022
Heute geht es zum Nordkap. Die Stimmung ist seltsam, wie schon die ganzen letzten Tage. Es macht zwar Spaß, hier im Wohnmobil unterwegs zu sein, aber langsam wird uns das Ende unserer langen Reise nur allzu deutlich. Heute erreichen wir also unser Ziel, das wir schon so lange vor Augen hatten. Wir haben das Nordkap eine Weile für uns und machen das obligatorische Foto. Dann blicken wir nach Norden. 300 Meter unter uns liegt das Meer und so weit das Auge reicht, sehen wir nichts anderes. Bis mehrere Busgruppen mit Touristen ankommen. Uns wird das alles zu unruhig und so machen wir uns wieder auf den Weg zum Camper.
Das Ziel einer langen Reise
Das Nordkap war immer das geografische Ziel unserer Reise. Das eigentliche Ziel war aber, gemeinsam eine gute Zeit zu haben. Und die hatten wir! Trotzdem war es uns wichtig, dem Nordkap einen Besuch abzustatten, bevor wir uns auf den Heimweg machen.
Auf dem Weg nach Süden treffen wir auch Markus noch einmal. Kurz hinter dem Nordkaptunnel trinken wir mit ihm noch einen Kaffee. Was für ein schöner Schlusspunkt unserer Tour. Einige der Menschen, die uns auf unserem Weg begleitet haben, noch einmal zu treffen, rundet unsere Reise ab.