Wir schlafen an diesem Morgen lange aus und brechen daher erst gegen halb zwölf in die heutige Etappe auf, die uns vom Nordkalottleden auf den Gränsleden führen wird. Zunächst hatten wir überlegt noch einen Tag zu bleiben und diesen wunderschönen Ort zu genießen.
Ein Hund alleine im Fjäll?
Grund dafür, dass wir letztlich keinen Pausentag in der Røysvatnhytta verbracht haben, waren vor allem mehrere Einträge im Hüttenbuch: dort schrieben verschiedene Gäste von einem Hund, der alleine zwischen zwei Furten (Zulauf zum Sårgåjávrre und dem Rikkekjåhkå) südlich der Hütte auf dem Nordkalottleden umherwandert. Die nördliche Furt ist bei Wanderern in normalen Jahren schon berüchtigt. Dieses Jahr scheint sie aufgrund der Schneeschmelze noch tiefer und reißender zu sein und wir haben von Wanderern gehört, die dort weggespült wurden. Wir machen uns Sorgen, dass dem Besitzer des Hundes ein ähnliches Schicksal widerfahren ist. Da der Hund jedoch schon seit einigen Tagen an dieser Stelle gesichtet wurde, können wir dem Wanderer wohl nicht mehr helfen.
Was sollen wir jetzt machen?
Wir überlegen, welche Möglichkeiten wir haben: wir könnten versuchen, den Hund zu finden und mitzunehmen. Hundefutter hätten wir genug dabei. Der Wegabschnitt liegt allerdings nicht auf unserer geplanten Route und wir müssten danach wieder zurücklaufen. Alternativ könnten wir direkt nach Ritsem wandern, wo es die Möglichkeit gibt Hilfe zu bekommen. Wir entscheiden uns lieber auf schnellstem Weg nach Ritsem zu laufen und dort Bescheid zu geben. Es ist zu unsicher, den Hund suchen zu gehen. Was, wenn wir ihn nicht finden? Und dann bliebe da immer noch der Besitzer.
Trotzdem geht mir der Hund in den nächsten Tagen nicht mehr aus dem Kopf. Mir kommt der Gedanke, dass auch wir im Notfall ziemlich auf uns gestellt gewesen wären. Seit wir kurz hinter Pauro waren, haben wir keine Menschenseele mehr gesehen. Um von hier wieder in Richtung Zivilisation zu kommen, brauchen wir mindestens zwei Tage, egal in welche Richtung wir gehen. Erstmalig wünsche ich mir ein Satellitentelefon dabei zu haben. Wir nehmen uns vor für die nächste Trekkingtour mal in diese Richtung zu recherchieren.
Ein neuer Abschnitt: wir biegen auf den Gränsleden ab
Von Røysvatn folgen wir noch eine Weile dem Nordkalottleden, der Richtung Süden den Gränsleden kreuzt. Auf diesen wollen wir heute abbiegen und ihm bis Ritsem folgen. Unser eigentlicher Plan war es ja von Pauro nach Sørfjorden, dem Startpunkt des Gränsledens zu wandern und von dort den gesamten Weg zu erobern. Doch das Wetter hat uns ja bekanntlich einen Strich durch die Rechnung gemacht.
Die Kreuzung des Nordkalottledens mit dem Gränsleden ist sehr schlecht sichtbar. Der Wegweiser, der hier Berichten nach mal stand ist vollkommen verschwunden. Man muss schon ganz genau auf die Markierungen schauen und am besten noch das GPS als Hilfe hinzunehmen. Fast wären wir daher an der Kreuzung vorbeigelaufen. Auf dem Gränsleden angekommen finden wir schließlich neben den Steinmännchen hin und wieder Holzpfähle mit der für den Gränsleden typischen vierfarbigen Markierung.
Mit dem Gränsleden bricht auch der letzte Abschnitt dieser Trekkingtour an
Nun bricht der letzte Abschnitt unserer Wanderung an. Wir verlassen Norwegen endgültig und es erstaunt uns wie schnell sich die Landschaft verändert. Sind wir morgens noch hochalpin mit Geröll und dicken Schneefeldern gestartet, weichen diese in wenigen Stunden sanfteren Berghängen mit Wiesen und ohne Schnee. Recht früh entdecken wir das gewaltige Akkamassiv mit seinen vielen markanten Gletschern. Über den Tag kommt es stetig ein bisschen näher. Da es direkt gegenüber von unserem Zielort Ritsem liegt, wird es uns bis zum Ende unserer Wanderung begleiten.
Gränsleden
Der Gränsleden (samisch Rádjebálges, norwegisch Grenseleden, deutsch Grenzweg) führt über 62 Kilometer von Ritsem in Schweden nach Sørfjorden in Norwegen. Der Weg wurde 2007 eröffnet und 2010 erweitert. Auf norwegischer Seite ist der Gränsleden mit Hütten ausgestattet, auf schwedischer Seite gibt es Windschutzhütten.
Historisch haben die Samen den Weg bereits im frühen 20. Jahrhundert auf ihren Wanderungen genutzt. Im zweiten Weltkrieg flüchteten auf diesem Weg norwegische Flüchtlinge nach Schweden.
Leider hat der Gränsleden keine eigene Webseite und auf der Seite der Stadt Gällivare finden sich eher dürftige Informationen: gellivare.se
Der Gränsleden hat folgenden Verlauf:
Station | Länge | Ort | Info |
---|---|---|---|
0,0 | Sørfjorden | Windschutz, Bootsanschluss nach Kjøpsvik | |
4,0 | 4,0 | Brynvatnet | Hütte |
7,0 | 3,0 | Kjeringvatnet | Hütte |
12,0 | 5,0 | Krokvatnet | Hütte |
22,0 | 10,0 | Røysvatnet | Windschutz, DNT Hütte Røysvatn in 1,7 km Entfernung am Nordkalottleden |
23,3 | 1,3 | Grenzstein Nr. 251 | |
24,0 | 0,7 | Kreuzung Nordkalottleden | |
27,0 | 3,0 | Sårgå | Windschutz |
36,0 | 9,0 | Gálavárddo | Windschutz |
42,0 | 6,0 | Väständan Akkajaure | Windschutz |
54,0 | 12,0 | Sievgok | Windschutz |
62,0 | 8,0 | Ritsem | Fjällstation |
Alle kleineren Flüsse auf dem Gränsleden sind ausgetrocknet
An einem See machen wir eine lange Pause. Auf dem Gränsleden ist Wasser dieses Jahr absolut rar! Alle Bäche, an denen wir vorbeikommen, sind ausgetrocknet. Da wir heute noch kein fließendes Wasser gefunden haben und laut Karte auch kein größerer Fluss mehr kommt nehmen wir in der Not Wasser aus dem See. Manuel tastet sich dafür vorsichtig über den glitschigen Grund ein Stück in den See hinein. So müssen wir wenigstens nicht das warme Wasser aus dem seichten Uferbereich nehmen.
Danach liegen wir bestimmt eine Stunde am Seeufer auf den Felsen und lassen uns die Sonne auf den Bauch scheinen. Wie herrlich still es an diesem Ort ist! Die Mücken lassen uns bei dieser Pause in Ruhe, sie leisteten uns zum Glück nur zu Beginn unseres Tages Gesellschaft!
Reife Moltebeeren entlang des Weges bremsen uns aus
Auf dem weiteren Weg finden wir jede Menge reife Moltebeeren. Für jede Einzelne davon halten wir natürlich an, um uns diese Leckerei nicht entgehen zu lassen. Nach etwa 15 Kilometern erreichen wir die Gálavárddo Schutzhütte und schlagen dort unser Zelt für die Nacht auf. Auch heute haben wir niemanden getroffen. Der Blick von der oben am Hang gelegenen Windschutzhütte aus ist toll und wir genießen diesen bei einem guten Abendessen.
Schutzhütten auf dem Gränsleden
Auf dem Gränsleden gibt es auf der schwedischen Seite keine geschlossenen Hütten mehr, sondern nur noch Schutzhütten. Diese sehen aus wie eine bessere Bushaltestelle und sind mittlerweile ziemlich windschief. An jeder Schutzhütte gibt es auch ein Toilettenhäuschen. An der Gálavárddo Schutzhütte gibt es zusätzlich geeignete Zeltplätze.
Røysvatnhytta
Beschreibung
Die Røysvatnhytta liegt zwischen den beiden Seen Røysvatnet und Bjørnvatnet und ist die schönste Hütte in Norwegen die wir bisher kennen! Sie ist gut ausgestattet und verfügt sogar über eine Sauna. Nördlich der Hütte liegt der markante Berg Bjørntoppen (1500m).
Tag 12: Røysvatnhytta - Gálavárddo
Profil
Beschreibung
Die heutige Etappe startet auf dem Nordkalottleden. Von diesem biegen wir jedoch nach etwa 3,5 km auf den Gränsleden ab. Achtung: die Kreuzung war für uns schwer zu sehen und wir waren froh über die Unterstützung durch GPS und Karte auf dem Handy. Der Weg führt uns zunächst kontinuierlich bergab bis zum Ufer des Sårgåjávrre und dann ebenso stetig bergauf bis zur Gálavárddo-Schutzhütte. Im recht trockenen Sommer 2019 war es entlang des Gränsleden teilweise nicht ganz einfach, an Wasser zu kommen. Wir haben deswegen jede Gelegenheit genutzt.
Gálavárddo
Beschreibung
Unmittelbar hinter der Gálavárddo-Schutzhütte finden wir eine flache und ebene Wiese: ein idealer Zeltplatz. Für Frühstück und Abendessen können wir bequem die Schutzhütte nutzen.
2 Kommentare
Hier der Bericht vom Hund soweit er mich verfolgt hat …
https://www.outdoorseiten.net/vb5/forum/tourenberichte/tourenberichte-nördliches-europa/110316-no-se-grensefjellet-im-sonnigen-sommer-2019?p=2535041#post2535041
Danke! Soweit ich das lese, bin ich froh, dass wir nicht mehr auf die Suche nach dem Hund gegangen sind. Scheint so als wäre er zu dieser Zeit schon zum “Geisterhund” geworden.